DE FILIPPIS

Maria Teresa de Filippis - Die erste Frau in der Formel 1

Im Gespräch mit Tom Distler von Motorsport Yesterday blickte First Lady Maria Teresa de Filippis zurück auf ihre Motorsportkarriere. Ihr Ehemann Theo Huschek übersetzte während des Interviews...

Maria de Filippis am Steuer eines Maserati 250F (c) Tom Distler
Maria de Filippis am Steuer eines Maserati 250F (c) Tom Distler

Höhepunkt der Ennstal-Classic 2006 war am Samstag der TAG Heuer Grand Prix für historische Rennwagen. Wir trafen Frau Maria Teresa de Filippis bereits am Freitag zum Interview...

Die Targa Florio auf Sizilien war eine der berühmtesten und zugleich gefährlichsten Rennen der Welt. Lange Steigungen mit spitzen Kurven und steilen Gefällen wechselten sich ab. Sie belegten 1955 Platz 9 auf Maserati. Wie konnte man dort überhaupt bestehen?

Maria Teresa de Filippis: Eine sehr gefährliche Strecke, nicht nur wegen der Streckenführung, sondern auch deshalb, weil ein großer Teil der Strecke asphaltiert war und dazwischen immer wieder Stellen auftauchten, die nicht asphaltiert waren. Es gab an den Kurven keine Begrenzungen. Wenn man rausgeflogen ist, ist man rausgeflogen und es war vorbei. Ein enormer Druck. Kurve für Kurve und Runde um Runde.

Theo Huschek: Die berühmte "Kurve vom Konditor" war besonders gefährlich. Dort ging es die Steigung hoch, oben sah man nur den Konditor, sonst hat man nichts gesehen. Es ging blind wieder runter, man konnte sich nur auf seine Streckenkenntnis verlassen. Die Straße war mehr intuitiv als sichtbar. Sehr schwer zu meistern.

Luigi Musso war oft hilfreich an Ihrer Seite zu sehen. Wie kann man diese Beziehung am besten beschreiben?

Maria Teresa de Filippis: (Lacht)

Theo Huschek: Das ist eine tolle Frage. Maria Teresa war verlobt mit Luigi Musso. Den ganzen Anfang ihrer Rennsportkarriere war sie mit Luigi Musso verlobt. Sie haben angefangen mit der Klasse 750, dann folgte die 1100er und 2000er. Der Luigi hat eine Klasse übersprungen bis zur Formel 1. Sie kam dann 2 Jahre später nach.

Ihr erster Formel 1 - Einsatz erfolgte 1958 auf Sizilien mit Platz 5. Dieser Lauf zählte damals nicht zur Weltmeisterschaft und war wohl dennoch sehr abenteuerlich?

Theo Huschek: Allerdings. Wie Maria Teresa nach Sizilien gekommen ist, war ihr Auto noch nicht da. Am zweiten Probetag hat Maserati dann den Rennwagen geliefert. Sie kam mit dem normalen Sitz nicht zurecht, daher wurde er umgebaut. Im ganzen Autodrom herrschte plötzlich Stille, jegliche Aktivitäten wurden eingestellt, als Maria Theresa raus fuhr. Die ersten zwei Runden einer Frau in einem Formel 1. Das hatte die Welt noch nicht gesehen.

Maria Teresa de Filippis: Dann konnte ich hinter Luigi herfahren.

Theo Huschek: Maria Theresa war mental blockiert von den Sportwagen, die hinten kleine Stocklichter hatten, im Gegensatz zum Formel 1. Sie ist hinter Luigi gefahren, der einen Ferrari lenkte. Die Friedhofskurve, an der oben ein Friedhof stand, ist eine ziemlich enge Kurve. Sie hat instinktiv noch gesagt, der ist verrückt, der ist wahnsinnig, der bremst nicht, der schießt die Kurve einfach durch und gedacht, das muss ich auch tun. Wie sie dann nach ein paar Runden zurückgekommen sind, ist sie zu ihm raus und hat gefragt, ob er wahnsinnig ist, ohne Bremsen einfach durchzurasen. Der sagte nur, du bist wahnsinnig, ich habe gebremst und wie. Das Publikum, das auf der Mauer gestanden ist, hatte gejault, wenn sie so durchgefegt ist. Das war eines dieser mentalen Blöcke.

Die Rennen von Belgien, Portugal und Italien zählten dann zur F1 - Weltmeisterschaft. In Monaco versuchte sich auch ein anderer Fahrer, der ziemlich kläglich an der Qualifikation scheiterte...

Theo Huschek: (lacht auf) Bernie!

Ja. Bernie Ecclestone. Welche Erinnerungen haben Sie an Monaco?

Theo Huschek: Maria Teresa lag beim Proben auf Platz 16, dann ging der Motor kaputt. Sie konnte die Proben nicht fertig fahren, deswegen hat sie sich nicht qualifiziert. Das war 1958 auf Maserati. Es waren 16 Fahrer im Feld, nicht 20 oder 22 wie später. 1959 konnte sie hingegen in der allerletzten Runde auf Behra - Porsche die Qualifikation schaffen. Auf kosten eines Ferrarifahrers. Doch Ferrari drohte mit Abreise, wenn sein Fahrer nicht starten darf. So wurde Maria Theresas Zeit obsolet erklärt.

Jean Behra gehörte auch zu Ihren Freunden. Leider verunglückte er am 1. August 1959 auf der Berliner Avus...

Maria Teresa de Filippis: Ich sollte das Rennen fahren, doch nachdem Jean bei Ferrari Krach bekam, hörte er dort auf. Da sagte ich, das Auto ist von dir und so solltest du eigentlich selber fahren.

Theo Huschek: Maria Teresa ist gar nicht mit hingefahren und als sie die Nachricht vom Unglück hörte, entschloss sie sich, sofort mit den Rennfahrern aufzuhören. Schluss, aus und vorbei.

Dennoch möchte ich nochmals kurz zum Anfang kommen. Sie begegneten bei Ihren ersten Auftritten auch einer absoluten Rennlegende. Welche Erinnerungen haben Sie an Tazio Nuvolari?

Theo Huschek: Nuvolari ist sein letztes Rennen in Palermo gefahren. Es war ein Bergrennen. Dort war auch Maria Teresa am Start, fuhr aber in der kleinen Kategorie. Er war ein sehr lustiger Kerl und zu jedem Scherz aufgelegt. Als sie zusammen bei einem Rennen in Sizilien waren, ist er bereits um 5 Uhr in der Frühe durch das ganze Hotel gelaufen und holte mit lautem Kickeriki Kickeriki alle Gäste aus den Betten.

Maria Teresa de Filippis: Es war die Villa eines sizilianischen Prinzen, wo wir alle gewohnt haben. Tazio Nuvolari rannte durch das ganze Schloss, rannte von oben bis unten, bis er uns alle aus dem Bett geholt hatte.

Theo Huschek: Da war der gute Mann schon über 50.

War er der beste Rennfahrer aller Zeiten?

Maria Teresa de Filippis: Er war wirklich einer der Kühnsten und weniger ein klassischer Rennfahrer, weil er ja alles gemacht hat. Er hat eine ungeheure Improvisationsgabe gehabt. Aber hier ist auch Fangio zu nennen.

Weitere Fotos von der Startaufstellung:

Frau de Filippis im Maserati (c) Tom Distler
Frau de Filippis im Maserati (c) Tom Distler
Frau de Filippis, 2006 (c) Tom Distler
Frau de Filippis, 2006 (c) Tom Distler

Aufruf: Wir wollen die Erinnerung an die Grand Prix-Piloten der guten alten Zeit immer aufrecht erhalten. Du kanntest / kennst einige Fahrer noch persönlich und / oder willst uns deine Fotos, Erlebnisse bzw. Anekdoten für die Homepage zusenden? Dann würden wir uns sehr freuen: f1yesterday@gmx-topmail.de (Danke!)

Rennsportgeschichte: www.motorsport-yesterday.de/f1-1950-1959

Tazio Nuvolari (Biografie): www.motorsport-yesterday.de/nuvolari

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